Sie sind sensibel? Gut so!

„Du bist so nah am Wasser gebaut“, „Sie weint wie ein Wasserfall“, „Er ist einfach sehr sensibel“ – Beschreibungen einer emotionalen Person sind heutzutage immer noch oft mit Negativität besetzt. Selbst das Wort emotional oder sensibel empfinden wir als negativ und stellen uns meistens einen anstrengenden Menschen darunter vor. Dabei ist eine hohe Emotionalität eine wertvolle Ressource im Umgang mit anderen Menschen und sogar im gesundheitlichen Kontext.

Sensibilität – Menschen, welche sehr sensibel sind, erweisen sich auch meist als empathischer im Umgang mit anderen. Sie kennen es bestimmt, wenn Ihre Freundin bei einer traurigen Filmszene weint und Sie sich denken „Aber es ist doch nur ein Film!“. Da haben Sie zwar recht, aber dies ist ein gutes Beispiel, inwiefern Emotionalität die soziale Kompetenz erhöht: Emotionale Menschen sind sensibel für die Stimmungen und Gefühlslagen anderer Personen. Wenn es jemandem nicht gut geht, spüren emotionale Personen dies meistens. Sie können sich besser in die Gefühlslagen anderer Menschen hineinversetzen und Anteil daran nehmen.

Hohe Emotionalität = höhere Empathie?

Eine hohe Emotionalität wird auch nachweislich mit höherer Empathie assoziiert, weshalb Sie als emotionaler Mensch feine Antennen im Umgang mit anderen haben. Dies schafft nicht nur gute Beziehungen, sondern stärkt auch Freundschaften und die Partnerschaft. Wir alle erhoffen uns Verständnis für unser aktuelles Befinden – und insbesondere sensible Menschen können dieses Verständnis sehr gut aufbringen.

Doch eine hohe emotionale Sensibilität hat nicht nur im sozialen Kontext ihre Vorteile: Dass es unsere körperliche und psychische Gesundheit stärkt, positive Emotionen zu fühlen, ist schon lange bekannt. Mittlerweile zeigen Studien jedoch, dass nicht nur positive Emotionen uns guttun, sondern auch eine Vielfalt an Emotionen – von denen emotionale Menschen meist mehr zeigen als andere. Forscher der Cornell Universität konnten 2017 nachweisen, dass eine größere Vielfalt an erlebten positiven Emotionen das Immunsystem der Teilnehmenden langfristig stärkte. So macht es einen Unterschied, ob Personen eher nur die Basisemotion Freude empfinden oder eine Vielfalt dieser wie Freude, Dankbarkeit, Hoffnung, Zufriedenheit und Liebe. Um dem logischen Schluss zu folgen, empfinden emotionale Menschen mehr und intensivere Gefühle – dazu gehören ebenso positive Emotionen, weshalb sie von der stärkenden Wirkung dieser mehr profitieren als Personen mit einer geringen Emotionalität.

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Sensibilität & Empathie

Von der Sensibilität zur Stärke im menschlichen Miteinander

Wogegen eine solche Sensibilität im Umgang mit anderen Menschen eine positive Eigenschaft ist, kann sie dennoch zu einem Belastungsfaktor für Sie selbst werden. So gut wie Sie Emotionen wahrnehmen können, genauso gut können Sie sich auch von negativen Signalen aus Ihrem Umfeld beeinflussen lassen. Daher müssen Personen mit feinen Antennen trotzdem darauf achten, sich selbst nicht zu sehr in emotionale Themen anderer zu verwickeln. Sie können sehr gut Anteil nehmen, doch ebenso schnell sich kann eine negative Emotion einer anderen Person auf Sie selbst übertragen. Üben Sie sich also in emotionaler Abgrenzung, wenn Sie merken, dass Sie das Problem eines anderen stark belastet.

Immer noch haben zu viele Menschen Angst, ihre wahren Emotionen offen zu zeigen – doch gerade das macht das Miteinander so wertvoll. Durch Emotionen bekommen wir Feedback, interagieren miteinander, freuen uns mit unseren Freunden und nehmen Anteil an ihrer Trauer. Emotionen machen uns menschlich, und jene, die sie unterdrücken, werden irgendwann darunter leiden.

„Du bist so emotional“ können wir also ruhig umdeuten in ein Kompliment. Natürlich bringt es auch seine Nachteile mit sich, sehr empfänglich für emotionale Signale anderer zu sein; doch eine derart negative Touchierung verdient das Wort nicht mehr. Emotionen sind soziales Bindeglied und essenziell für das menschliche Miteinander: Machen Sie sich Ihre Emotionalität also als Stärke bewusst und trauen Sie sich ruhig häufiger, ihre Emotionen offen zu zeigen!

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