Rechtzeitig die Zeichen erkennen
Die drei häufigsten Gründe für eine Trennung
Ist es nicht zum Dahinschmelzen, dieses zärtlich-versonnene Lächeln von Paaren, sobald diese gefragt werden, wie sie sich kennen- und lieben gelernt haben? Oft halten sie dann ihre Hände, schauen sich spitzbübisch an und erzählen dann aufgeregt vom Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte. Das Erstaunliche dabei: Keinen von beiden scheint es dabei ernsthaft zu stören. Wenn sich das Paar ins Wort fällt, recht haben will und darum feilscht, wer denn nun wessen Herz erobert hat. Im Eifer schönster Erinnerungen darf das auch sein. Schließlich kommen diese Zeichen von Herzen. Und all die durchlebten Krisen, die zähen Kämpfe, die erschöpfenden Märsche durch Tränentäler und die vielen schmerzhaften Worte verblassen vor dem Hintergrund vieler schöner Momente, die beide miteinander teilen.
Dieses Zeugnis inniger Zweisamkeit soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel Aufmerksamkeit und Vertrauen in Wahrheit über die Zeit nötig war, um als Paar zusammenzuwachsen und vor allem: beieinander zu bleiben. Denn die Herausforderungen des täglichen Miteinanders wiegen oft viel zu schwer. Manchmal sogar so schwer, dass der Eindruck entsteht, die glücklichen Phasen und die Gewissheit, dass sich selbst die dunkelsten Wolken verziehen werden, liefern kein zuverlässiges Gegengewicht mehr. In schwierigsten Momenten scheint der Weg zueinander versperrt – und eine Trennung gar unausweichlich. Aber stimmt das? Nicht unbedingt. Der letzte Ausweg muss eine Trennung gar nicht sein. Sie ist vermeidbar. Doch welche drei Gründe sind es, die am ehesten Distanz statt Nähe schaffen – und damit einen endgültigen Schlussstrich heraufbeschwören können?
Ende in Sicht durch permanente Schuldzuweisungen
Du! Nein, Du! Nein, Du! Das Gefühl, sich in einem Streitgespräch wie mit dem Rücken gegen die Wand zu fühlen und blindwütig „zurückschlagen“ zu wollen, haben wir alle schon erlebt. Mehrfach sogar. Wir können noch so gescheit, kultiviert, erwachsen, kontrolliert sein und unzählige Bücher über einen respektvolle Umgang gelesen haben: In dem Moment, wenn sich zwei wütende, enttäuschte, verletzte oder in irgendeiner Art frustrierte Liebende gegenüber stehen, kann es schnell vorbei sein mit dem guten Stil, erst recht aber mit dem gegenseitigen Respekt. Idealerweise sortieren sich die Streithähne bald wieder und finden eine bessere Gesprächsebene, auf der konstruktiv kommuniziert und Lösungen gefunden werden. Häufen sich jedoch anklagedurchtränkte Streitsituationen, die nicht zu einem gemeinsamen Wachstum führen, kann es hingegen brenzlig werden. Weil beide Seiten dann nämlich unter Dauerstress geraten, der die Mauern festigen und jegliche Bemühungen Verständnis und Nähe unterminieren kann.
Resignation: Wenn aus anfänglicher Hingabe schlussendlich Aufgeben wird
Aber nicht nur ein sich ständig wiederholender offener Schlag- oder besser gesagt „Schuldabtausch“ mit scharfen Wortwechseln kann das Ende der Beziehung einläuten. Ebenso zerstörerisch wirken sich auf Dauer auch non-verbale Anklagen mit subtileren Gesten wie Augenrollen oder Seufzen aus, wenn die Partnerin oder der Partner zum Beispiel einen Fehler gemacht oder den Erwartungen (mal wieder) nicht entsprochen hat. Eine Zeitlang wird das Gegenüber über die Schuldzuweisungen vielleicht stillschweigend hinwegsehen. Es wird versuchen, alles besser zu machen. Doch ist es nie gut genug und kommt es immer wieder zu Attacken und Verletzungen, brechen sich die lange unterdrückten „Auas“ eines Tages Bahn. Für die Leidtragenden ist dann der Punkt erreicht, an dem „genug genug“ ist – und Schluss.
Schamgefühle verhindern den aufrichtigen Dialog
Das Heimtückische an Schamgefühlen ist, dass sie sich nicht richtig greifen lassen und im Verborgenden ihr Unwesen treiben. Es braucht viel Übung und Selbstmitgefühl, um den Klammergriff der eigenen Scham zu erkennen und sich aus ihm zu befreien. Denn Scham schwingt zwar oft als extrem unangenehmes diffuses Gefühl mit und steuert selbst in scheinbar normalen Situationen unser Verhalten auf eigentümliche Weise. Schämen wir uns – etwa für unsere Herkunft, unsere Entscheidungen, schlimmstenfalls sogar für uns als ganzer Mensch – geht damit ein quälendes Gedankenkarussell einher wie ein Grundrauschen. Unbewusst reagieren wir plötzlich abweisend, merkwürdig, verletzend, unterwürfig, ohne dass unser Gegenüber auch nur ahnt, weswegen wir uns gerade so „daneben benehmen“. Je mehr wir uns dem Anderen gegenüber aber öffnen können und als Risiko eingehen, offen über unsere (vermeintlichen) Fehler und Unzulänglichkeiten zu sprechen, desto klarer können wir erkennen, dass nun mal jeder Mensch über Seiten verfügt, die alles andere als Trophäenmaterial sind – was aber nicht heißen soll, dass diese Fehler nicht auch widerlegt und behoben oder – durch die Brille der Barmherzigkeit betrachtet – sogar liebenswert sein können. Schließlich sind wir alle Menschen, und Irrtümer gehören nun einmal zum Menschsein dazu.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt: sich selbst erkennen und annehmen, was ist
Zugegeben: Es ist nicht leicht, miteinander in der Weise umzugehen, wie es einem selbst, den Partnerinnen und Partnern und der an sich Beziehung wahrhaft zuträglich wäre. Mal gelingt dies besser, mal schlechter. Vielleicht tröstet an dieser Stelle die Erkenntnis, dass wir alle – ausnahmslos alle (!) – eine ganze Reihe blinder Flecken mit uns herumtragen, die einen allzeit adäquaten Umgang miteinander nun mal unmöglich machen. Die professionelle Paarberatung kann dabei helfen, die sowohl die Schwächen als auch die Stärker aller Beteiligten genauer zu beleuchten, damit das Ende der Beziehung weiter dort hinrückt, wo es im idealerweise hingehört, nämlich in weite Ferne. Im Gespräch kann so der Menschen, für den wir uns einmal entschieden haben, wieder das zauberhafte, spannende, aufregende Wesen werden, das man mit der Zeit wahrhaftig lieben gelernt hat.