Präkrastination: Wenn alles sofort erledigt werden muss

Wenn Aufgaben auf den Tisch kommen, werden diese sofort erledigt – endlich nichts mehr aufschieben, endlich nicht mehr bis auf den letzten Drücker prokrastinieren. Das wäre doch ein Traum – oder etwa nicht?

Prokrastination ist ein mittlerweile weit verbreiteter Begriff. Er meint ein (teilweise zwanghaftes) Aufschieben von Aufgaben und ein Erledigen auf den letzten Drücker. Ein Viertel aller Deutschen prokrastiniert regelmäßig: Das Projekt für die Uni wird erst am Abend vor der Abgabe angefangen, die Steuererklärung bis zum letzten Tag verdrängt. Ein Phänomen, welches jedoch weniger bekannt ist, ist die sogenannte Präkrastination. Dies bezeichnet statt dem Hinauszögern von Aufgaben den Drang, diese möglichst sofort zu erledigen und ist das Gegenteil von Prokrastination.

Ein Fluch oder ein Segen?

Der Erledigungszwang klingt für jeden Prokrastinierer wie ein Wunschtraum. Doch er kann durchaus zur Belastung werden: Wer immer alles so schnell wie möglich erledigen will, läuft Gefahr, die Aufgaben nicht mehr ordentlich zu bearbeiten, sondern nur noch oberflächlich und mit einem „Hauptsache-weg-Mindset“. Um alles möglichst noch am selben Tag vom Tisch zu haben, wird sich auch für wichtige Aufgaben nicht mehr unbedingt genügend Zeit genommen.

Nicht nur das: Es kann mit viel Stress verbunden sein, mit einer wachsenden Liste an Aufgaben dem selbst auferlegten Druck standhalten zu müssen, alles zeitnah abzuarbeiten. Zwanghaft präkrastinierende Personen erlegen sich meist selbst mehr Aufgaben auf, als sie in einem realistischen Zeitrahmen auch tatsächlich schaffen können. Kommen neue ToDo’s dazu, werden bestehende Projekte unterbrochen, um Platz für neue Erledigungen zu schaffen.

Präkrastinieren erfüllt durchaus seine Funktion, da eine sofort erledigte Aufgabe den mental load, also unsere innere ToDo-Liste verringert und somit dem belastenden Gedanken an viele anstehende Aufgaben entgegenwirkt.?

Die Kunst des Balanceakts

Selbstverständlich hat es enorme Vorteile, Aufgaben direkt zu erledigen und nicht auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Die meisten Menschen haben sich genau diese Gewohnheit zum Ziel gesetzt. Daher ist dies durchaus eine positive Eigenschaft, die gerne erhalten werden darf. Es geht vielmehr darum, nun eine gesunde Balance zu finden: Einerseits, Aufgaben sofort und gründlich zu erledigen und ohne, dass es zulasten der Leistung kommt. Andererseits, auch manche Dinge auch auf einen späteren Zeitpunkt verschieben und Prioritäten setzen zu können.

Wenn Sie unter Präkrastination leiden und sich das in Zukunft erneut dabei erwischen, eine Aufgabe ganz schnell vom Tisch haben zu wollen, halten Sie kurz inne. Präkrastinieren Sie gerade? Nehmen Sie sich genug Zeit, setzen Sie sich nicht unter Druck und arbeiten Sie in aller Ruhe Ihre ToDo’s ab. Kontrollieren Sie dabei auch Ihre Qualität und machen Sie es lieber einmal richtig anstatt zweimal halbherzig. Mit etwas Übung findet man so einen gesunden Mittelweg. Und wenn wir ehrlich sind: Pro- und Präkrastinieren wir nicht alle ein bisschen?