Höher, schneller, weiter – Karriere oder Familie?

Meine Freundin ist eine unglaublich schlaue Frau: Abitur, ein abgeschlossenes Studium mit Top-Noten, hat vor einigen Monaten einen sehr gut bezahlten Job angenommen und nun vielversprechende Karriereaussichten. Letztens hat sie mir dann erzählt, dass sie gerne Hausfrau sein würde und bei den Kindern zuhause bleiben möchte. Ich muss zugeben, dass ich erstmal verwundert war.
Was würden Sie denken? Halten Sie diese Entscheidung jetzt vielleicht für verschwendetes Potenzial? Für ein Aufgeben toller Chancen, die nur wenigen zuteilwerden? Oder kommt Ihnen die Entscheidung meiner Freundin vielleicht bekannt vor: Ihre Kollegen klettern auf der Karriereleiter nach oben, aber Sie wünschen sich ein harmonisches Familienleben?

Natürlich ist es ein gewisses Privileg, sich die Frage nach Karriere oder Familie überhaupt stellen zu können. Alleinerziehende zum Beispiel haben dies meist nicht, da ein Job zum Überleben notwendig ist. Auch das Leben in einer Wirtschaft, wo alles ständig teurer wird, macht es zunehmend schwieriger, dass ein Partner sich um den Haushalt und die Kinder kümmert, während nur der andere Partner arbeiten geht. Doch bei einem gut genug bezahlten Job ist es durchaus möglich.

Hausfrau – ein veraltetes Rollenbild?

Insbesondere in der heutigen Zeit ist es zum Standard geworden, dass beide Partner arbeiten gehen. „Karriere machen“ und viel Geld verdienen sind in unserer Gesellschaft angesehene Ziele. Doch was ist, wenn Sie das gar nicht wollen? Hausfrau oder Hausmann zu sein ist mittlerweile zu einer durchaus negativ konnotierten Tätigkeit geworden. Meist wird es damit abgestempelt, dass dies nicht mit viel Aufwand verbunden sei, geschweige denn mit „richtiger Arbeit“ zu vergleichen. Dabei übernimmt ein Partner, der den Haushalt macht und auf die Kinder aufpasst, direkt zwei Jobs: den einer Haushaltskraft und den einer Nanny. Insbesondere, da die Kindererziehung sowieso ein Vollzeitjob ist, welcher nicht mit dem Feierabend aufhört. Nicht umsonst gehen die meisten Kinder in den Kindergarten, wo sich ausgebildete, bezahlte Fachkräfte um sie und ihre Entwicklung kümmern. Der Unterschied ist nur, dass die elterliche Erziehung unbezahlt bleibt. So kann ein Partner, der zuhause bleibt, viel Arbeit abnehmen, die ansonsten nach Feierabend noch anfallen würde (putzen, kochen, die Wäsche machen). Für viele Menschen ist dies die perfekte Rollenverteilung, um ein fröhliches und ausgeglichenes Leben mit der Familie zu führen.

 

Wenn die Frau Karriere machen will

Warum wird die Frage nach der Entscheidung zwischen Karriere und Familie eigentlich nur Frauen gestellt? Natürlich, in gewisser Hinsicht macht es Sinn, dass das Kind insbesondere in den ersten Lebenswochen Kontakt zur Mutter braucht und gestillt wird. Und es ist unumstritten, dass Frauen durch die Schwangerschaft zwangsläufig eine berufliche Pause einlegen müssen. Dennoch werden mit dieser Frage auch die Männer benachteiligt. Es gibt genug Männer, die sich eher als Familienmenschen sehen und ebenso genug Frauen, welche gerne Karriere machen wollen. Bleibt der Mann zuhause, muss er sich den Vorwürfen stellen, er könne seine Familie nicht versorgen; bleibt die Frau zuhause, muss sie sich anhören, faul zu sein. Dabei ist es nichts dergleichen! Ganz im Gegenteil, zu einem modernen und aufgeklärten Rollenbild gehört es ebenso, beide Partner frei entscheiden zu lassen, welchen Weg sie wählen wollen. Nur so kommt es dazu, dass das Bild des Hausmannes oder der Hausfrau so einen schlechten, scheinbar veralteten Ruf hat.
Schämen Sie sich also erst recht nicht, eine scheinbar zu traditionelle Rolle für Ihr Leben zu wollen. Menschen verurteilen gerne. Sie werden es nie allen Recht machen. Also machen Sie einfach das, was für Sie und Ihren Partner am besten funktioniert.
Viele Menschen merken erst zu spät, dass Familienzeit für sie wichtiger ist als das viele Geld, was ihnen der Beruf bieten kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert