Wege aus der Lebenskrise bei Liebeskummer
Wie das Ende einer Beziehung zum Sprungtuch für den Neuanfang wird
Daran ist nicht zu rütteln: Es tut entsetzlich weh, wenn der Partner oder die Partnerin geht und das eigene Herz an Liebeskummer zu zerbrechen droht. Das Zermürbende daran: Während die Seele schreit, bitterlich weint und sich in die Arme des oder der Liebsten zurücksehnt, sucht der Verstand krampfhaft nach Erklärungen. Immer und immer wieder wirft das Gehirn Bilder auf die imaginäre Leinwand: von harmonisch, glücklich und sinnlich erlebter Zweisamkeit; es gräbt aus der Vergangenheit pastellfarbene Erinnerungen hervor, flüstert von Möglichkeiten einer gemeinsamen Zukunft. Dann tauchen Rachefantasien auf, die von tiefen Einsichten in die Unvermeidbarkeit der Trennung abgelöst werden – und umgekehrt.
Verwirrende Gedanken kreisen pausenlos um ihn oder sie und werden so zu gefährlichen Schlafräubern. Denn: Dauerhafte Tagesmüdigkeit führt zu erhöhter Sensibilität und zunehmender Erschöpfung. Selbstfürsorge ist kaum möglich. Es fühlt sich an, als mache nichts mehr Sinn. Manche essen kaum noch, manche hingegen zu viel. Familiäre und berufliche Verpflichtungen können – wenn überhaupt – nur noch unter größten Mühen bewältigt werden. Nicht selten sollen im Zuge des emotionalen Zusammenbruchs dann Alkohol (oder Drogen) den Liebeskummer samt der Angst etwa vor Einsamkeit und Wertlosigkeit betäuben. Oder teils übertriebene Aktivität(en) sollten das Energielevel schnellstmöglich wieder anheben.
Ablenkungsmanöver offenbaren jedoch nicht den Kern des Konflikts. Im Gegenteil schaden sie auf Dauer mehr als sie nützen. Die nächste Beziehung könnte somit erneut zur Krisenregion voller ungelöster Beziehungsprobleme werden. Idealerweise bieten an diesem Punkt im Leben eine behutsame Ehrlichkeit und ein damit verbundenes wachsendes Selbstmitgefühl die Schlüssel, die die Tür zum verwundeten Herzen öffnen. Was dann zum Beispiel mit Sätzen anfängt, wie: Ja, das eigenen Leben ist gerade gewaltig aus den Fugen geraten. Ja, alles fühlt sich hoffnungslos, furchtbar, unerträglich, unzumutbar an. Nichts scheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt trösten zu können. Und ja, die Verletzung ist tief, der Schmerz übel und nicht auszuhalten.
Das Katz-und Mausspiel ist vorbei, der Platz an der Seite bleibt leer – und jetzt?
Dass die Beziehung schon länger nicht mehr gut lief. Das womöglich Distanz und gegenseitiges Unverständnis das Beziehungsklima schleichend vergiftet haben, Konflikte in Dauerschleife die letzten die Kraftreserven bereits aufgezehrt hatten, all das blenden frisch Verlassene in der Regel zunächst einmal aus. Sie können gar nicht anders. Und der Wunsch, sich dem Schmerz schnellstmöglich zu entziehen, ist ebenso menschlich wie verständlich. Es handelt sich hierbei um einen Schutzmechanismus der Psyche. Und der ist – der modernen Hirnforschung sei Dank – sowohl physiologisch als auch psychologisch erklärbar. Denn Menschen, die verlassen werden, weisen dieselben Reaktionsmuster auf wie Süchtige.
Stark vereinfacht gesagt, fluten in dieser Situation Stresshormone den Organismus. Der aufreibende Botenstoff-Cocktail etwa aus Adrenalin, Dopamin, Serotonin macht es schier unmöglich, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen – gerade so, als wurde jegliche Vernunftkompetenz von jetzt auf gleich ausgelöscht. Was auch immer der Partner oder die Partnerin für einen darstellte: Es wurde einem durch das Ende etwas „Süßes, Schönes, Erhebendes, Bestätigendes“ einfach weggenommen. Vorbei damit all die positiven Empfindungen, die mit persönlichem Glück und Befriedigung der eigenen Bedürfnisse verknüpft waren. So wundert es nicht, dass Verlassene versuchen, das vermeintlich Schöne wiederherzustellen. Häufig sogar um jeden Preis nach dem Motto: Koste es was es wolle, ob die eigene Kraft, die Würde oder wie hoch auch immer der Einsatz aussehen kann.
Doch genau an dieser Stelle, damit sich der Liebeskummer nicht zur dramatischen Lebenskrise ausweitet, gilt es nun, selbst Schluss zu machen. Und zwar mit dysfunktionalen Reaktionsmustern, mit Illusionen, falscher oder fehlender Hingabe, mit Misstrauen und zerstörerischen Selbstzweifeln. Der tiefe emotionale Zusammenbruch, den Verlassene erleben, braucht einen geschützten Raum, in dem die Wunden heilen und neue Beziehungen durch zunehmende Selbsterkenntnis besser gestaltet werden können. Diese Prozesse können selbst beste Freunde oft nicht leisten und machen daher eine objektiv-neutrale Sicht auf die Situation erforderlich wie die externe, auf Liebes- und Lebenskrisen spezialisierte Hilfe.