Die Kunst der Emotionsregulation: Was bedeutet es, seine Emotionen zu regulieren?
Woran erkennen Sie, wenn eine Person mit ihren Gefühlen nicht gut umgehen kann? Vielleicht wird diese laut, ausfällig, aggressiv oder auch beleidigt. Manchmal hat man sogar den Eindruck, dass jemand gerade nicht mehr Herr seiner selbst ist und die Beherrschung verliert. Der kann sich nicht kontrollieren. Der tickt immer aus. All dies können Anzeichen dafür sein, dass jemand seine Emotionen nicht gut regulieren kann.
Meistens sind es Männer, die externalisierendes (sprich: nach außen tragendes) Verhalten bei fehlender Emotionsregulation zeigen: Lautwerden, Aggressivität, Wut. Dies ist auch die auffälligste Form einer beeinträchtigten Emotionsregulation. Doch es existieren genauso „stillere“, unauffällige Formen, in denen sich schlecht regulierte Emotionen äußern können: Weinen, Neid, Hass, Verstummung, Rückzug. Zu dieser Art von internalisierendem Verhalten tendieren eher Frauen. Aber beide Verhaltensweisen, sowohl externalisierend als auch internalisierend, signalisieren: Es mangelt an guten Strategien zum Umgang mit den eigenen Gefühlen.
Emotionsregulation – was bedeutet das?
Emotionsregulation bezeichnet alle Prozesse, mit denen Personen versuchen, die Art, Intensität oder Dauer ihres emotionalen Zustands zu beeinflussen. Somit beinhaltet dies ein gewisses Maß an Selbstkontrolle und Selbstkenntnis: Weiß ich, was ich persönlich tun muss, um meine Emotionen zu ändern? Und kann ich mich so gut kontrollieren, dass ich es auch anwenden kann und die Kontrolle über meine Gefühle behalte?
Natürlich funktioniert Emotionsregulation in alle Richtungen und nicht nur zur Abschwächung negativer Emotionen. Wenn jemand also beispielsweise seine Trauer absichtsvoll in Wut umwandelt, entspricht das auch einer erfolgreichen Emotionsregulation.
Es mag nun fälschlicherweise so klingen, als solle man Ärger und Wut einfach unterdrücken oder verdrängen – das ist aber nicht dasselbe! Emotionsregulation bedeutet nicht, dass man keinen Ärger mehr empfindet, oder Frust, oder Angst. Das ist nur menschlich. Wir können unsere Gefühle schließlich nicht abschalten, und jedes Gefühl hat auch seine Berechtigung. Emotionsregulation bezieht sich auf den Umgang damit. Behalten Sie die Kontrolle über Ihren Ärger oder kontrolliert der Ärger Sie? Sie können also durchaus intensiven Ärger spüren, ihn jedoch nicht zum Ausdruck bringen und beschließen, ihn aktiv abzuschwächen. Ein Bewusstwerden über die eigenen Emotionen und Hand in Hand mit ihnen zu arbeiten ist Kern der Emotionsregulation – ganz im Gegensatz zur Verdrängung.
Warum ist funktionale Emotionsregulation eine unverzichtbare Fähigkeit?
Personen, die keine gute Emotionsregulation besitzen, schaffen es nicht, mit ihren Gefühlen in einer angemessenen und für sie angenehmen Weise umzugehen. Das führt dazu, dass sie sich überfordert und durch ihren Gefühlszustand belastet fühlen. Wer keinen guten Umgang mit Trauer, Wut oder Angst erlernt hat, ist diesen Gefühlen hilflos ausgeliefert. Das Gefühl bleibt und die Person leidet.
Das Ziel von Emotionsregulation ist nachvollziehbar: Wir möchten mit unseren Emotionen so gut umgehen können, dass sie uns nicht überwältigen. Wir möchten Herr unserer Gefühle bleiben und uns nicht machtlos fühlen, sobald ein Gefühl sehr intensiv wird. Denn eine fehlende Emotionsregulation hat auch negativen Einfluss auf das Verhalten: Ist eine Person enorm verärgert und kennt keinen möglichen Umgang damit, so tendiert sie dazu, aus Wut etwas zu sagen, was sie später vielleicht bereuen könnte. Emotionsregulation dient also nicht nur unserem eigenen Wohlbefinden, sondern auch zwischenmenschlichen Interaktionen. Oder verbringen Sie gerne Zeit mit jemandem, der emotional dysreguliert ist und bei jeder Kleinigkeit an die Decke geht?
Manchmal kann es auch schön sein, einfach mal lockerzulassen – alles rauslassen. Weinen, Lachen, intensive Gefühle ohne Hemmungen spüren und leben. Üben Sie sich also darin, selbst zu entscheiden, wann Sie ein Gefühl intensiv spüren möchten und wann nicht.